Gräberfeld

Das frühmittelalterliche Gräberfeld von Weingarten wurde am 23. September 1952 durch die Tiefbauarbeiter Bopp, Heiden und Modler bei Bauarbeiten zu der neuen Talsiedlung entdeckt, als sie bei der Anlage von Kanalistationsgräben auf mehrere Skelettreste stießen. Herr Anton Ege vom Stadbauamt meldete diese Funde am nächsten Tag Herrn Paul Eith, einem ehrenamtlichen Mitarbeiter des Staatlichen Amtes für Denkmalpflege, der die erste Aufnahme der Fundgüter machte. In den Jahren 1954 - 1957 wurde es in einer Not- und Rettungsgrabung durch das Staatliche Amt für Denkmalpflege Tübingen unter der Leitung von Dr. Siegwalt Schiek, und Dr. Gerhard Wein zum Teil unter großem Zeitdruck, geborgen. Ebenfalls großen Anteil an der Bergung der Funde hatte der Altbürgermeister Wilhelm Braun. Die Funde wurden dann in den darauffolgenden 20 Jahren aufwendig restauriert, konserviert und wissenschaftlich aufgearbeitet. Seit 1976 sind die Funde im Alamannenmuseum Weingarten der Öffentlichkeit zugänglich. Die Aufnahme der Grabinventare wurde von Herrn Prof. Dr. Helmut Roth und Frau Prof. Dr. Theune-Vogt druchgeführt und im Jahre 1995 publiziert. Zwischendruch scheiterte die wissenschaftliche Bearbeitung der Funde mehrfach aus verschiedenen Gründen.

Der Friedhof hatte eine Ausdehnung von etwa 120 m in West-Ost-Richtung und 90 m in Nord-Süd-Richtung. Er wurde an einem sanft zum Fluß Schussen abfallenden Gelände angelegt, was auch bei anderen Gräberfeldern zu beobachten ist. Im Südwesten begann die Belegung im 5. Jh. Die jüngsten Gräber lagen im Osten des Friedhofs. Die Belegung reichte kontinuierlich bis in das 8. Jh. Der Hauptanteil der Gräber stammt aus dem 6. und 7. Jahrhundert. Es handelt sich hierbei um eines der umfangreichsten, nahezu vollständig ergrabenen und dokumentierten Gräberfelder des Frühmittelalters in Südwestdeutschland. Das Gräberfeld leistet damit einen unschätzbaren Beitrag zur Geschichte der Alamannen und Franken. Außerdem widerlegte das Gräberfeld die bis dahin gültige wissenschaftliche Meinung, daß die flächendeckende Besiedlung des Gebietes nördlich des Bodensees erst in karolingischer Zeit erfolgte.

Im Verlauf der Ausgrabungen wurden 801 Gräber mit 813 Individuen aufgedeckt, etwa 100 Gräber konnten nicht mehr geborgen werden, da sie bereits durch die Bauarbeiten unbeobachtet zerstört wurden. Anthropologisch konnten 317 männliche und 273 weibliche Individuen sowie 28 Knaben und 47 Mädchen bestimmt werden, 74 weitere Bestattungen konnten noch nicht identifiziert werden.

Die Toten der frühen Bestattungen waren in gestreckter Rückenlage, mit dem Kopf in Richtung Westen und Blick Richtung Osten beigesetzt. Die jüngeren Bestattungen gehen dann zu einer Ausrichtung in westsüdwestlich- ostnordöstlicher Lage, was aber nicht alleine durch das aufkommende Christentum zu erklären ist. Die Toten wurden in Baumsärgen oder hölzernen Grabkammern beigesetzt, von denen sich im Kiesboden allerdings fast nichts, außer Bodenverfärbungen, erhalten hatten.

S-Fibel aus Grab 272 mit rückseitiger Runeninschrift

Viele Grabbeigaben sind recht kostbar und wurden teilweise von weit her importiert. So gibt es Trinkgläser vom Niederrhein (Gräber 244, 507, 702, 736 sowie ein Streufund), Gürtelbeschläge aus Italien (Grab 674), aus dem byzantinischen Reich (Grab 189), Tigermuscheln Cypraea tigris (Gräber 260, 588, 615 und andere). Es liegt eine ganze Reihe reicher Frauenbestattungen vor, aber nicht vergleichbar viele entsprechend reiche Männerbestattungen. Ebenfalls fehlen prunkvolle Adelsgräber, wie sie in Kirchheim am Ries, Donzdorf, Friedingen und Gammertingen gefunden wurden. Viele Bestattungen dokumentieren durch ihre Beigaben das parallele Vorkommen von heidnischen und christlichen Glaubensvorstellungen. Bemerkenswert sind die im süddeutschen Raum selten vorkommenden Runeninschriften auf einigen Schmuckstücken (Gräber 179, 272 und 511).<

Zur Zeit erfolgt die wissenschaftliche Bearbeitung der Grabungsergebnisse unter Leitung von Frau Prof. Dr. Theune-Vogt, deren Ergebnisse in naher Zukunft endlich publiziert werden. Ich wünsche ihr und ihrem Team dabei sehr viel Erfolg.

 

Das Museum

Neues Museum

Das Alamannenmuseum Weingarten ist im alten Kornhaus untergebracht, welches im Jahre 1621 als städtischer Getreidespeicher und Fruchtmarkthalle des Reichsfleckens Altdorf (heute Weingarten) gebaut wurde. Später diente das obere Stockwerk lange Zeit als Theatersaal und Turnhalle. 1975 wurde das Gebäude von der Stadt mit einem Aufwand von 1,5 Millionen DM restauriert und zum Museum und Kulturzentrum ausgebaut.
Anfang 2008 wurde das Museum komplett überarbeitet und durch Constanze Döhrer M.A. von Grund auf neu konzipiert. Jetzt präsentiert sich das Museum mit einer neuen, modernen Ausstellung die den Wünschen aller Besucherkreise gerecht wird.

 

Flyer Alamannenmuseum Weingarten
Im Kornhaus
Karlstraße 28 (Fußgängerzone)
88250 Weingarten

Sic transit gloria mundi